Praktikumsbericht Nadja

Auf nach Ghana

„Du willst nach Afrika? Das ist doch gefährlich. Warum machst du dein Praktikumssemester nicht woanders.“ Das waren die ersten Reaktionen meiner Eltern, als ich ihnen erzählt habe, dass ich mein Praktikumssemester in Ghana machen will. Ich, Nadja Knürr, studiere Soziale Arbeit in München und muss ein Praxissemester absolvieren, egal wo, nur der Bezug zum Studium muss passen.

Von Afrika war ich schon immer fasziniert: Ursprung oder Wiege der Menschheit, die Vielfalt der Tiere, der Natur und den unterschiedlichen Kulturen. Somit stand mein Entschluss fest: Die Gelegenheit nach Afrika zu kommen lasse ich mir nicht entgehen!

Nach vielen Vorbereitungen mit Bestätigung des Praktikums, Impfungen und Visumsbeantragung, usw. begann meine Reise am 4. Oktober 2013. Es hieß

Auf nach Ghana! Für 23 Wochen!

Während des Fluges, dachte ich über die Zeit nach, die mir bevorsteht: Fast 6 Monate kein fließendes Wasser. Wie wird das Essen sein? Wartet jemand am Flughafen auf mich? Wie ist das mit dem Klima, vertrage ich es? Unzählige Fragen gingen mir durch den Kopf.

Nachdem ich gut 10 Stunden unterwegs war, wurde ich am Flughafen in Accra von Anette, Ray und den Kindern Nana und Marie-Ann mit dem Schulbus abgeholt. Schon auf dem Weg, wurden mir die Kulturunterschiede trotz Dunkelheit bewusst, der Verkehr, die Straßen (was in Deutschland nicht als Straße bezeichnet werden würde), und die Häuser. Endlich angekommen habe ich den Rest der Familie kennengelernt und wurde von ihnen in Empfang genommen. Um das Moskitonetz aufzubauen mussten alle zusammenhelfen, und dann bin ich auch schon vollkommen erschöpft von der Reise ins Bett gefallen.

Am Montag ging es dann gleich mit der Arbeit los. Ich habe hauptsächlich die 4. Klasse unterrichtet. Dass ihr euch so einen Tag in der Schule vorstellen könnt, habe ich das mal kurz zusammengefasst.

Jeden Morgen habe ich mit ein paar anderen Lehrerinnen die Kinder, vor allem die Kleinen, mit dem Schulbus einsammelt. Das ist eine ziemlich mühsame Prozedur. Irgendwann sitzt man dann mit 4 Erwachsenen und 25 Kindern in einem Kleinbus für rund 10 Personen :). Und das auf Straßen, die wir Feldwege nennen würden und nur aus Löchern zu bestehen scheinen. Das ging so gegen 5:30 – 6:00 Uhr früh los, um dann gegen 8:00 – 8:20 Uhr in der Schule zu sein.

Die Schule geht regulär bis 15:30 Uhr, außer freitags: da ist der Unterricht früher aus. Je nach Klasse wird dann bis 15:00 Uhr unterrichtet. Die letzte halbe Stunde finden dann „Studies“ statt, wobei man mit den Kindern nochmals Fächer wiederholt oder ein neues Thema einleiten kann, je nachdem wo und wie noch Bedarf ist. Während der Schulzeit gibt es natürlich Pausen, eine am Vormittag und eine Mittagspause.

Bis man dann mit dem Schulbus wieder zu Hause ist, ist es meistens 18:00 Uhr. Das ist zumindest der Zeitplan für alles. Oftmals kommt allerdings irgendetwas dazwischen: der Schulbus streikt, man muss ihn anschieben oder man kommt in einen Stau (auch das gibt es in Ghana).

Das Unterrichten und der gesamte Schulplan weichen doch sehr von dem gewohnten Deutschen Standards ab und das Arbeiten ist echt anstrengend. Dennoch macht es total viel Spaß, und die Kinder sind total nett. Auch mit den KollegInnen habe ich mich gut verstanden. Ich konnte viel dazu lernen und dazu auch noch eigene Ideen einbringen.

Wenn die Arbeitswoche dann 'rum war, habe ich an den Wochenenden und in den Weihnachtsferien viel unternommen:

Ich war oftmals am Strand, mal weiter weg (Krokobitey), oder vor der Haustür (Coco Beach, Labadi Beach). Die Strände sind teilweise leider mit viel Müll verdreckt oder total voll (ab mittags). Je weiter man von Accra weg fährt, umso schöner und ruhiger werden die Strände. Neben den Stränden war ich oft in Accra am Markt oder im Arts Center. Da kann man frisches Obst, schöne Souvenirs, Schmuck und wunderschöne Stoffe für Kleider kaufen.

Da wir zu zweit waren (Clara und ich) haben wir auch Wochenendausflüge weiter weg unternommen. Wir waren einen Tag in den Shai Hills, bei den Dodowa Wasserfällen, am Strand in PramPram, im Kakuum Nationalpark und bei Cape Cost, ein Wochenende beim Surfen in Busua und in den Weihnachtsferien für ein paar Tage im Norden, im Mole Nationalpark. Man kann echt viel in Ghana sehen und ich hätte gerne noch viel mehr unternommen. Dazu hat allerdings dann die Zeit nicht gereicht. Die Landschaft ist sehr vielfältig und total schön.

Ghana ist ein Land mit einer vollkommen neuen Kultur für mich gewesen. Die Unterschiede zwischen arm und reich waren für mich noch nie so deutlich sichtbar wie hier. Vor allem in der Stadt selbst ist es extrem: Dort gibt es einen KFC, richtige Boutiquen und Shopping Malls, und ein paar Straßen weiter leben die Menschen in kleinen Hütten und unter unvorstellbaren Verhältnissen. Aber nicht nur diesen Unterschied gibt es. Ich war einige Male in der Kirche dabei, was sich total von der in Deutschland unterscheidet. Es wird beispielsweise viel gesungen und getanzt. Anfangs musste ich mich daran erst gewöhnen, weil es total anderes ist als in Deutschland und von unseren Vorstellungen abweicht. Aber es hat Spaß gemacht.

Ghana ist ein Land, was mich weiterhin fasziniert. Das Leben und Arbeiten hier war nicht immer leicht, aber ich möchte diese Erfahrung auf keinen Fall missen. Die Menschen sind mir total ans Herz gewachsen und ich möchte auf jeden Fall wieder hin!

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